[+ Albert M i l d e ] Heute nachmittags ist hier Herr Albert M i l d e, der früher als Besitzer einer großen Kunstschlosserei und Konstruktionswerkstätte eine hervorragende Stellung unter den Wiener Industriellen eingenommen hatte, im Alter von 64 Jahren gestorben, nachdem er mehrere Jahre durch ein schweres Leiden gelähmt zugebracht hatte. Leider war die letzte Lebenszeit des seinerzeit rastlos tätigen und höchst strebsamen Mannes durch die ungünstigen materiellen Verhältnisse, in die er ohne sein Verschulden geraten war, traurig getrübt. Er konnte sich in dem Besitze des großen Etablissements, das er aus eigener Kraft zu ansehnlicher Leistungsfähigkeit gehoben hatte, nicht behaupten und musste sich von demselben zurückziehen, ohne sich die Mittel für seine spätere Existenz sichern zu können. Mit einer kleinen Schlosserei, die sich in dem längst verschwundenen Hause zum „Roten Apfel“ im unteren Teil der Postgasse befand, hatte er angefangen. Sein eigentliches Fach war die Kunstschlosserei bei der Hebung des Wiener Kunstgewerbes zu Ende der Sechzigerjahre verstand es Milde seine Leistungsfähigkeit zur Geltung zu bringen und für seine Arbeiten starken Absatz zu finden. Er war einer der ersten Wiener Kunstindustriellen, welche den vom Österreichischen Museum gegebenen Anregungen folgten und Arbeiten nach künstlerischen Entwürfen ausführte. In der Unteren Viaduktgasse erbaute er sich ein eigenes Haus und eine große Werkstätte für seinen Geschäftsbetrieb, beschäftigte sowohl Künstler wie Techniker und führte die Konstruktiven und dekorativen Arbeiten in Schmiedeeisen für mehrere Monumentalbauten, die zu Anfang der Siebzigerjahre entstanden, aus. In der Wiener Weltausstellung von 1873 stand er bereits in den ersten Reihen der Wiener Kunstindustriellen. Sein Etablissement erweiterte er unausgesetzt. und führte in dieselben großen Eisenbaukonstruktionen aus. Aber in den Achtzigerjahren trat in dem ausgedehnten Geschäftsbetrieb ein Rückgang ein und Milde geriet in finanzielle Schwierigkeiten, wozu hauptsächlich der Umstand beitrug, dass Milde neben seiner großen technischen Befähigung nicht den notwendigen kaufmännischen Sinn besaß. Er musste das Unternehmen einer Kommanditgesellschaft überlassen, für die er aber noch mehrere Jahre lang das Etablissement leitete. Später versuchte er es, sich noch einmal selbständig zu machen, hatte aber damit keine Erfolg. Durch seine rastlose Arbeitsam sowie durch die Ehrenhaftigkeit, womit er bis zu Ende allen seinen Verpflichtungen nachgekommen war, hatte sich Milde in den Kreisen der Wiener Industriellen allgemeine Achtung erworben, und der Gewerbeverein leitete eine Aktion zur Unterstützung des hart betroffen Mannes ein. In stiller Zurückgezogenheit und körperlich schwer leidend, musste er seine letzten Lebensjahre zubringen.