Wienflussregulierung, 1895-1903 |
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Bauabschnitt 1: Bassinsanlagen in Weidlingau |
1.4.1895-1900 |
Bauabschnitt 2: Lainzerbach bis Schikanedersteg, Höhe Getreidemarkt | August 1895-1899 |
Bauabschnitt 3: Schikanedersteg bis Donaukanal |
1897-1899 |
Bauabschnitt 4: Bassisanlagen in Weidlingau bis Lainzerbach | 1899-1902 |
Auflösung der Bauleitung der Wienflussregulierung: | 31.12.1903 |
Um- und Ausbauten: | 1903-1906: Abschluß der Wienfluss-Einwölbung 1904-1906: Sohlepflasterung zwischen Marxer- und Radetzkybrücke 1913-1915: Einwölbung Leopoldsbrücke bis 50 m über Magdalenenbrücke |
Bauherr: | Gemeinde Wien |
Planung und Oberbauleitung: | Stadtbauamt, Franz Berger und Franz Kindermann |
Örtliche Bauleitung: | Stadtbauamt, Heinrich Mayer, Martin Paul, Alexander Swetz, Hugo Vietoris |
Architektonische Beratung: | Rudolf Krieghammer, Friedrich Ohmnann, Josef Hackhofer; Stadtbauamt, Ludwig Pepuschitz |
Baumeister, Bauabschnitte 1 und 2: | Doderer, Göhl & Sager |
Baumeister, Bauabschnitt 2: | Karl Schlimp, Eduard Skazil |
Baumeister, Bauabschnitt 3: Einwölbung Schikanedersteg bis Leopoldsbrücke |
Enrico Peregrini, Michele Calderai, Giuseppe Feltrinelli & Co. |
Baumeister, Bauabschnitt 3: Sohlepflasterung im Bauabschnitt |
F. Marinelli & L. Faccanoni |
Baumeister, Bauabschnitt 4: | Peter Faccanoni & Karl Brizzi |
Zementlieferung: | Egger & Lüthi Portlan-Cementfabrik bei Wörgl, Zementfabrik Scheidt Conrad und Comp. in Waldmühle, vormals Josef Tichy, Gebrüder Leube in Gartenbau |
Eisenkonstruktionen Rechenwerk in Weidlingau: |
R. Ph. Waagner |
Eisenkonstruktionen Stauklappen-wehr bei der Stubenbrücke: | Albert Milde & Co. |
Eisengeländer entlang des offenen Einschnitts: | Gußwerk der Maschinenbau-Actien-Gesellschaft, vormals Breitfeld, Danek & Co., Blansko, R. Ph. Waagner |
Länge des regulierten Wienflusses: | 17 km |
Länge des eingewölbten Wienflusses (inklusive Straßenüberführungen) 1903: | 2,1 km |
Länge der Einwölbung 1913-1915: | 667 m |
Lichte Weiten der Einwölbungsprofile: | 16,50 - 21,00 m Breite i.M. 3,70 m Kämpferhöhe, i.M 4,90 m Stichhöhe |
Baukosten bis 1903: (inklusive Anlage der beiden Wienflusssamelkanäle) | 46.500.000 Kr. |
Baugeschichte:
Seit dem 18. Jahrhundert entstanden zahlreiche Projekte für die Regulierung des Wienflusses, an tatsächlich durchgeführten Arbeiten sind hingegen nur wenig zu nennen: 1782 bepflanzte man im Bereich der Inneren Stadt die Ufer des Wienflusses mit Weiden und Akazien und ließ durch Sträflinge ein tieferes Gerinne herstellen; 1814 bis 1817 wurde der Fluss zwischen Stubentor und Schönbrunn erstmals reguliert. In diesem Zusammenhang ist auch der Bau der beiden Cholerakanäle anzuführen, der ab 1831 erfolgte.1832 stellte man eine neue Einmündung in den Donaukanal her. Im Weiteren kann es bei der Erbauung einzelner Brücken immer wieder zu kleinen Teilregulierungen, die eigentliche, zusammenhängend geplante Regulierung begann erst im Zuge des Stadtbahnbaus Ende des Jahrhunderts.
Das prinzipielle Projekt der Wienflussregulierung war vom Stadtbauamt bereits 1891 fertiggestellt worden; 1892 wurde die Ausführung gleichzeitig mit den beiderseitigen Sammelkanälen gesetzlich beschlossen (RGBl. Nr. 109 vom 18.7.1892), 1894 die Bauführung der Gemeinde Wien übertragen. Am 1.4.1895 begann man die Arbeiten mit dem Bau der Bassinanlagen in Weidlingau, am 19.11.1899 stellte hier der letzte Bagger seine Arbeit ein. Ende des folgenden Jahres war auch die eiserne Rechenanlage montiert.
Mit den unmittelbaren Regulierungsarbeiten wurde an der Flussstrecke zwischen Schikanedersteg (Höhe Getreidemarkt) und dem Lainzerbach in Hietzing begonnen. Zunächst stellte man nur die rechtsseitige Flussmauer her, die gleichzeitig als Widerlager für Trasse der Stadtbahn notwendig war, sowie die erforderliche Sohlenvertiefung. Diese Arbeiten wurden im August 1895 in Angriff genommen und bereits Ende 1896 war der Großteil der Mauer fertiggestellt. 1897 entschloss man sich aufgrund der schlechten Bodenverhältnisse und er drohenden Abrutschgefahr, auch die linksseitige Ufermauer, die ursprünglich erst im Jahre 1900 begonnen werden sollte, sofort auszuführen. Ende 1897 war man mit der Sohlenvertiefung flussabwärts bereits bis zur Rudolfsbrücke (Höhe Kettenrückengasse) gelangt. Mit Schluss des folgenden Jahres war die linksseitige Mauer in der ganzen Länge des Bauabschnittes fertiggestellt. Die Schließung der Sohle in der oberen Wienflussstrecke erfolgte im August 1899.
Mit der Regulierung des flussabwärts anschließenden Teilstückes war Anfang 1897 begonnen worden; diese Arbeiten wurden unmittelbar mit dem Bau der Stadtbahn zusammen ausgeführt. Die ersten Lehrgerüste für die Einwölbung stellte man am 29.3.1898 bei der Tegetthoffbrücke (Höhe Johannesgasse) auf. Von der gesamten, ursprünglich mit 1.100 m Länge geplanten Einwölbung waren Ende 1898 1.050 m fertig. Im Nachhinein erfolgte jedoch mit Gemeinderatsbeschluss vom 11.3.1898 die Verlängerung der Einwölbung um ca. 250 m bis zur Leopoldsbrücke (Höhe Schleifmühlgasse). Am 7.10.1899 wurde in diesem Teil der Aufstellung der Gerüste begonnen, am 7.12. konnte sie bereits wieder entfernt werden. Ende des gleichen Jahres beendete man als letzte wesentliche Arbeit in diesem Baulos das Teilstück von der Marxer- bis zur Radetzkybrücke, allerdings ohne Sohlepflasterung. Damit war der gesamte Wienfluss vom Lainzerbach bis zur Einmündung in den Donaukanal reguliert.
Die Arbeiten an der vom Lainzerbach flussaufwärts noch fehlenden Strecke waren erst am 4.12.1899 vergeben und auch sofort begonnen worden. Am 27.10.1900 war der Anschluss an die Bassinanlagen in Weidlingau hergestellt. Die Pflasterung der Sohle in diesem Bauabschnitt erfolgte 1901/02.
1903 erfolgten verschiedene Fertigstellungen und Ergänzungsarbeite. Hierbei ist vor allem der Bau eines Stauklappenwehres unterhalb der Stubenbrücke anzuführen, das am 31.5.1903 vollendet war. Exakt mit Ende des Jahres wurde die Bauleitung der Wienflussregulierung aufgelöst. Dennoch blieben noch verschiedene Arbeiten übrig, die nun unmittelbar vom Stadtbauamt durchgeführt wurden: So erfolgte die Sohlenpflasterung zwischen Marxer- und Radetzkybrücke erst in den Jahren 1904 bis 1906. Auch die architektonische Ausgestaltung des sogenannten „Wienfluss-Portals“ war erst 1906 fertiggestellt.
Die späteren Veränderungen sind relativ geringfügig; als wesentlichste Arbeit ist die den Jahren 1913 bis 1915 ausgeführte Verlängerung der Einwölbung flussaufwärts der der Leopoldsbrücke um 667 m zu nennen. Die gesamte Wienflussregulierung zeigt daher noch unverändert das historische Bild; auch die Anlagen in Weidlingau sind nach wie vor in Funktion.
Baubeschreibung:
Der Wienfluss entspringt im Wienerwald westlich von Wien; er wird am Stadtrand, in Weidlingau vor der Einmündung des Mauerbaches, gefasst und mündet östlich der Ringstraße in den Donaukanal.
Die Anlage in Weidlingau besteht aus einem Vorbassin, das mit einer Rechenanlage ausgestattet ist und zur Ablagerung des Bachgeschiebes dient. Von hier kann das Wasser entweder in einen 1,3 km langen Umlaufkanal oder bei Hochwasser in fünf hintereinander liegende Staubecken abgeleitet werden; diese sind durch Betonschwellen so voneinander getrennt, dass die gestauten Wasserspiegel um je 2 m tiefer liegen. Die Becken entleeren sich durch knapp über dem Boden befindliche Rohre jeweils in das untere Bassin, welches sich mit dem Umlaufkanal wieder vereint. Das Wasser eines jeden Beckens kann aber auch durch eine Schleuse direkt in den Kanal ablaufen. Das Fassungsvermögen aller Becken beträgt 1‘600.000 m³. Das Endwerk der Anlage ist architektonisch mit wahrhaften Turmbauten betont. Am Mauerbach, vor seiner Einmündung in die Wien, liegt eine zweite Anlage, die ähnlich funktioniert und aus einem Vor- und einem Hauptbecken besteht. Diese Becken fassen weitere 190.000 m³.
Im obersten Teilstück der regulierten Wien bis zur heutigen Kenneybrücke finden sich befestigte Böschungen, nur am rechten Ufer wird das Flussbett ab der Zufferbrücke durch die Mauer der Stadtbahnanlage begrenzt. Die folgende Strecke wird weiterhin rechts durch die Stadtbahnmauer, links im allgemeinen durch befestigte Widerlagsmauern und Stützmauern für die Straßen abgeschlossen. Teile dieser Strecke sind, vor allem bei den Straßenüberführungen, überwölbt: Im Bereich des Gürtels wurden bereits ursprünglich 350 m, beim Schloss Schönbrunn 100 m geschlossen eingedeckt. Etwa ab der Steggasse (früher Magdalenensteg) bis zum Stadtpark ist der gesamte Verlauf unterirdisch. Der Abschluss der Wienfluss-Einwölbung und die Regulierung bis zur Einmündung in den Donaukanal ist architektonisch besonders hervorgehoben im Wesentlichen liegt das Flussbett in diesem Bereich wieder zwischen Stützmauern. Die Kaimauern der gesamten nicht überwölbten Strecke sind durch gusseiserne Gitter abgesichert.
Technische Beschreibung:
Auffälligstes Merkmal der Wienflussregulierung war – von den Bassinanlagen in Weidlingau bis zur Einmündung in den Donaukanal – eine Sohlenvertiefung bis 3,50 m. Das neue durchschnittliche Wienflussgefälle beträgt etwa 5 ‰, im Bereich der Einwölbung liegt es zwischen 4,6 und 1,7 ‰. Die Sohle besteht aus Beton, im obersten und im untersten Teilstück wurde sie mit Naturstein gepflastert. Im Oberlauf befanden sich vier Grundwehre zum Abhalten von Bachgeschiebe, außerdem wurden vier Gefällstufen mit ebensovielen Schotterfängen ausgebildet; das Niederwasser wird in den Bereich in einer ca. 3 m breiten Künette entlang der Stadtbahnmauer geführt. Im Unterlauf zwischen Stuben- und Kleiner Marxerbrücke befindet sich nochmals fünf Sohlestufen von je 30 m Länge und 40 cm Höhe; diese sind aber vor allem aus architektonischen Gründen ausgebildet worden. Auch das heute nur mehr in untergeordneten Resten bestehende Stauklappenwehr bei der Stubenbrücke diente vor allem ästhetischen Zwecken, nämlich dem Aufstauen des Wasserspiegels im Bereich des Stadtparks.
Der Anschluss an den Donaukanal unterhalb der Marxerbrücke wurde besonders gesichert: In 1,50 m Entfernung von den Stützmauern liegen Doppelspundwände, jeweils mit ca. 1 m lichten Abstand, die bis 4 m unter die Sohle des Wienflusses reichen. Der Raum zwischen den Doppelspundwänden ist ausbetoniert, darüber liegt ein 3 m starker Unterbeton, auf dem das Bruchsteinpflaster verlegt wurde. Die Widerlagermauern beiderseits des Wienflusses bestehen im Allgemeinen aus Beton; die Straßenstützmauern flussabwärts der heutigen Kennedybrücke sind ebenso wie die gesamte Stadtbahnmauer aus Bruchstein aufgeführt. Die Wienflussmauern im untersten Bereich ab dem Abschluss der Wienfluss-Einwölbung bestehen aus Beton und sin mit Naturstein verkleidet. Das Profil der Regulierung im offenen Einschnitt besitzt im Oberlauf bis zur Einwölbung, gemessen an der Sohle, unterschiedliche Breiten von 20 m bis 16,5 m; flussabwärts der Einwölbung weitet sich das Profil gleichmäßig von 23,24 m auf 26,00 m.
Die gesamte Strecke zwischen Kennedybrücke und Stadtpark wurde auch in den offenen Teilen so ausgeführt, dass eine spätere Einwölbung jederzeit erfolgen kann; tatsächlich wurde die Einwölbung ja auch nachträglich, 1913 bis 1915, verlängert. Die Gewölbe bestehen im Allgemeinen aus Stampfbeton, auf der Strecke vor dem Stadtpark fanden wegen der geringen Verfügung stehenden Konstruktionshöhe Klinkersteine Verwendung. Bei der Elisabeth- und der Schwarzenbergbrücke mauerte man wegen der kürzeren Ausschalfrist die Gewölbe aus Ziegel und verblendete die Leibungen mit Klinkern. Die lichte Spannweite beträgt in diesem Bereich 16,50 m bis 21,00 m, die betonierten Gewölbe sin am Kämpfer 1,60 m, am Scheitel 0,90 m stark. Diese Wölbungen wurden auf der gesamten Strecke, die für eine spätere Überdeckung vorbereitet war, auch für alle Straßenüberführungen verwendet; dadurch bekam man eine Reihe von eisernen Brückenkonstruktionen frei, die zum Teil im Ober- wie im Unterlauf des Wienflusses wieder versetzt wurden (zum Beispiel die Kleine Ungarbrücke). Die alten Brücken aber, die weitere bestehen blieben, musste man weitgehend verändern, dass heißt heben bzw. verschieben (zum Beispiel der Stadtparksteg).(1)
Die Ausführung der selbstätigen Stauanlage im Wienfluß nächst der Stubentorbrücke wurde an die Firma Albert Milde & Co. um den Kostenbetrag von Kr. 16.895,80 vergeben.(2)