Briefkopf - ALBERT MILDE k. k. Hof-Kunst-Bauschlosser und Eisenkonstrukteur zu Wien; von 7.2.1839 bis 8.11.1904

Votivkirche, 1090 Wien, Rooseveltplatz

Allgemeines und Architektur, 1856-1879

k. k. Albert Milde

Archivbild 1: Hauptfassade der Votivkirche in Wien (Bauzeichnung)

Archivbild 1: Hauptfassade der Votivkirche in Wien (Bauzeichnung) (1)

 

Archivbild 2: Grundriss der Votivkirche in Wien

Archivbild 2: Grundriss der Votivkirche in Wien (2)

 

Archivbild 3: Querschnitt der Votivkirche in Wien

Archivbild 3: Querschnitt der Votivkirche in Wien (3)

 

Die Votivkirche, mit deren Bau bekanntlich im Jahr 1856 begonnen wurde, ist ein dreischiffiger Längenbau mit Chorumgang und sieben Absidial-Kapellen mit einem Kreuzschiff und vier sich an denselben schließenden Eckkapellen. Die Hauptfassade gegen die Ringstraße ist durch zwei Türme betont, auf der Vierung erhebt sich ein Zentraltürmchen. Den drei Schiften entsprechend die drei Portale an der Hauptfassade. Das ganze macht, wie wiederholt hervorgehoben wurde, einen anmutig heiteren Eindruck, der sich im Inneren in schöner Erhöhung wiederfindet; es ist nicht ein Gotteshaus der strafenden und zürnenden, sondern des in seiner Alliebend alle irdischen Misstöne ausgleichend und versöhnenden Gottes.

Das Material ist durchweg edel, harter Sandstein aus den Brüchen von Wöllersdorf, Brunn am Steinfeld, Mühlendorf am Leitagebirge, und Aszop. Die unmittelbare Bauleitung war neben Architekt Ferstel dem Bau- und Steinmetzmeister Kranner übertragen, von dem unter andern das große gotische Denkmal herrührt, das die böhmischen Stände zum Gedächtnis des Kaisers auf dem Quai in Prag errichten ließen. Nach dem im Jahre 1871 erfolgten Tode Kranner’s wurde der erste Bauzeichner Riewel unter dem Titel eines Bauführers mit der Besorgung der laufenden Geschäfte der Bauhütte betraut. Mehr als ein Vierteljahrhundert war hingegen seit Ferstel’s Entwurf im Jahr 1854 von 75 eingereichten konkurrierenden Plänen den Preis gewann, als die im Laufe des Jahres 1878 im Wesentlichen vollendete Kirche am 24. April 1879 feierlich eingeweiht und in der Vorhalle unter den Fensterbänken die beiden Denksteine einander gegenüber eingelassen wurden, die folgende Inschriften tragen:

„Am 24. April 1856
Begann zum Zeugnis der Dankbarkeit für die Rettung unseres Kaisers Franz Josef I. aus drohender Lebensgefahr der Bau dieses vom Erzherzog Ferdinand Maximilian, dem Bruder des Kaisers, unter Teilnahme aller Völker Österreichs gestifteten Gotteshauses mit der Grundsteinlegung durch Kardinal Fürsterzbischof Josef Othmar Ritter von Rauscher nach dem Plane des Architekten Heinrich Ferstel.

Am 24. April 1879
War zur Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des Kaisers Franz Josef I. und der Kaiserin Elisabeth, dann unter dem Protektorat des Erzherzog Carl Ludwig, Bruders des Kaisers, von Heinrich Ritter von Ferstel mit Hilfe des Werkmeisters Josef Kranner vollendete Gotteshaus vom Kardinal Fürsterzbischof Johann Kutschker eingeweiht. Gott beschütze sein Haus, wie er unsern Kaiser beschützt hat." (4)

------------------------------

Sämtliche Türen Tore der Votivkirche sind aus Eichenholz hergestellt mit Verwendung eines mehr oder minder reichen Schmuckes an Schmiedearbeiten für Kegel, Bänder, Schienen, Knöpfe, Schlösser und Drücker. Die Mehrzahl derselben sind als starkes, solides, gut verstemmtes Rahmenwerk mit äußerer, an den Falzen profilierter Bohlenverschalung konstruiert. Auf diese Weise ist die Kontinuität der Fläche aufrechterhalten, was für die Anbringung reichgezeichneter Bänder günstiger ist, als der Wechsel des Rahmenwerkes mit Füllungen. Auf die zahlreichen kleinen Türen und Luken des Bauwerkes fand diese Art nur in einfachster Weise Anwendung. Die sechs großen Pfortenflügel aber, deren vier von der Hauptfassade, und je einer von den beiden Kreuzschiff-Fassaden nach dem Inneren führen, sowie die Türe, welche den Eingang zur Oratorienvorhalle bildet, sind nach diesem Systeme in reichster Weise gestaltet. Unsere lange vernachlässigte Schmiedetechnik fand hier ein dankbares Feld, die alten Traditionen in Bezug auf die technische Verbindung von Holz und Eisen wieder beleben. Während die ersten, bereits auf der Wiener Weltausstellung 1873 zur Schau gestellten Türen noch das mühsame Suchen nach der richtigen Behandlung des Eisens erkennen lassen, erweisen die später angeführten Arbeiten die anführten Arbeiten die anfänglichen Schwierigkeiten als überwunden und reihen sich den besten Schmiedewerken des Mittelalters an. Die vom Inneren der Kirche nach der Sakristei und Oratorienhalle führenden Türen sind aus Friesen und Füllungen verstemmt, teilweise mit geschnitzten Ornamenten geziert, demzufolge das Schmiedewerk dabei nur in verschiedenerer Weise angewandt erscheint. Nur die äußere Sakristei ist ganz mit getriebenem, rautenförmig gemustertem Eisenblech verkleidet. Die Tischlerarbeit an sämtlichen Türen rührt vom Hoftischlermeister Vinzenz Gefele her, welcher auch die nach der Oratorienhalle führenden Türe, sowie zwei der äußeren Eingangstüren der Kirche gespendet hat. Die Beschlagarbeiten sind von den beiden Schlossermeister Albert Milde und Ludwig Wilhelm ausgeführt; und zwar vom Ersteren die an den beiden Kreuzschiff-Fassadentoren, an der Türe zur Oratorienhalle, und an den beiden vom Inneren der Kirche nach der Sakristei und nach den Oratorien führenden Türen, sowie an der äußeren Sakristei-Türe. Die Beschläge der vier Türen an der Hauptfassade, sowie der zahlreichen kleinen Türen sind von L. Wilhelm. Jeder der genannten Schlossermeister hat auch eine der großen äußeren Eingangstüren gestiftet. (5)

------------------------------

Arbeiten Ferstel’s als Compagnons seines Onkels Baurat von Stache:
1852 erster Entwurf: Zwei Fassadenpläne, eine Turmskizze, Konkurrenz-Projekt: ein Perspektivbild, ein Fassadenplan, acht Durchschnittpläne, sieben Grundrisspläne, sieben Turmdetails, zwei Grundrisse und elf Entwürfe für die Pflasterung der Kirche; ein Perspektivbild des Innern, zweiunddreißig Entwürfe für die Polychromierung der Kirche (beide gemalt von Gebr. Jobst); neune Zeichnungen und fünf Photographien von Skulpturen, ausgeführt von Prof. Gasser; neunzehn Entwürfe für Altäre, Kanzel, Beichtstühle Beleuchtungsgegenstände etc. vier Photographien, das sukzessive Fortschreiten des Baues darstellen; ein Porträt Ferstel’s (Gipsabguss) von der Kanzel, modelliert von V. Tilgner; ein Situationsplan des Kirchenplatzes; zwölf Apostelfiguren vom Hauptchore, modelliert vom Bildhauer F. Erler; Simon und Abel, modelliert vom Bildhauer Joh. Benk; Kommunikationsgitter, Presbyteriumsgitter, Türbeschläge und ein Tisch, ausgeführt nach Zeichnungen Ferstel’s vom k. k. Hofschlosser L. Wilhelm;
zwei Gitter für die Seitenschiffe, drei Türbeschläge, zwei Kommunikationsgitter, nach Zeichnungen Ferstel’s ausgeführt vom k. k. Hofschlosser A. Milde. (6)