Palais Epstein in Wien
von Architekt Oberbaurat Theophil von Hansen
Dieses Gebäude ist am Burgring erbaut und bildet die Ecke Bellaria- und Volksgartenstraße. Es hat daher Fenster gegen drei Straßen und im Inneren gegen einen geräumigen mit Glas gedeckten Hof. Dem Programm gemäß sollte der 1. Stock als Wohnung des Bauherrn selbst, der 2. Stock im Gesamten für eine Mietpartei und der 3. Stock für 3 Mietparteien eingerichtet werden. Diesem zu Folge wurden zwei Stiegen angebracht, die eine, geradarmige, führt zu den Prunkgemächern des 1. Stockes und weiter bis zum 2. Stock und kann mit Bewilligung des Bauherrn auch von der in diesem Stockwerk wohnenden Partei benützt werden. Sie ist in verschiedenfärbigem Marmor und Marmorstück mit reicher Skulptur ausgeführt. Die zweite, halbrunde Stiege bewerkstelligte die Verbindung alle Stockwerke und ist zum Gebrauche der Mietparteien bestimmt. Außerdem ist im Hoftrakt eine kleine Stiege angebracht, welche zu den Mezzaninen daselbst und den in diesen situierten Nebenräumen, sowie weiteres zu allen Stockwerken führt und hauptsächlich der Dienerschaft zugewiesen ist.
Im Erdgeschosse befinden sich auf der einen Seite das Comptoir des Bauherrn, auf den anderen vermietbaren Gewölben und im Hoftrakt zwei Wagenremisen und Geschirrkammern. Rechts im Hofe gelangt man zu einer Rampe und auf dieser in das Souterrain, wo sich die Stallungen des Bauherrn und der Mietpartei des 2. Stockes, bemessen für beziehungsweise 8 und 6 Pferde samt den erforderlichen Futterkammern etc. befinden. Die Stallungen sind mittels eiserner Träger gerade überwölbt, hoch, licht und durch eine künstliche Ventilation stets mit reiner Luft versorgt. Nebst einem Eiskeller und den großen Kellerräumen für den Bauherrn und die Mietparteien sind im Keller auch die Heizen für den Empfangs-, Tanz- und Speisesaal und den Wintergarten des 1. Stockes, sowie für die Prachtstiege angebracht.
Die Gemächer des 1. Stockes sind als Wohnung des Bauherrn bis in das kleinste Detail künstlerisch ausgestattet. Die Renaissancedecken sind plastisch in Stuck mit reichen Ornamenten ausgeführt und durch Freskengemälde sowie durch Malereien und Vergoldungen prunkvoll verziert. Die Wände sind teils mit Marmorstuck, teils mit kostbaren Tapeten und Nussholzgetäfel bekleidet, die Nussholztüren mit reichen Einfassungen und Verdachungen aus Marmorstuck versehen. Sämtliche Einrichtungsgegenstände sind künstlerisch durchgebildet und nach Zeichnungen in kostbarem Material von bewährten Kräften mit aller Sorgfalt ausgeführt.
Die Fresken an den Decken sowie die Landschaften an den Wänden des Spielzimmers sind von drei Künstlern aus der Schule Rahl’s, den Historienmalern Bitterlich und Griepenkerl und dem Landschaftsmaler Hofmann, gemalt.
Endlich sei noch erwähnt, dass eine Wasser- und Gasleitung in allen Stockwerken angebracht ist und ein Aufzug vom Keller bis zum Dachboden führt. (5)