Briefkopf - ALBERT MILDE k. k. Hof-Kunst-Bauschlosser und Eisenkonstrukteur zu Wien; von 7.2.1839 bis 8.11.1904

Die Pfarrkirche zu St. Othmar, 1030 Wien, Kolonitzplatz 1

Brüstungsgitter für einen Seitenaltar, 1876

k. k. Albert Milde

Archivbild: Pfarrkirche unter den Weissgärbern St. Othmar in Wien - von Oberbaurat Friedrich Schmidt; Perspektive

Archivbild: Pfarrkirche unter den Weissgärbern St. Othmar in Wien (1)
von Oberbaurat Friedrich Schmidt; Perspektive

 

Archivbild: Pfarrkirche unter den Weissgärbern St. Othmar in Wien - von Oberbaurat Friedrich Schmidt; Grundriss zu ebener Erde

Archivbild: Pfarrkirche unter den Weissgärbern St. Othmar in Wien (2)
von Oberbaurat Friedrich Schmidt; Grundriss zu ebener Erde

 

Archivbild: Brüstungsgitter für einen Seitenaltar - der Weissgärberkirche, nach Zeichnung des k. k. Oberbaurat Schmidt ausgeführt und gewidmet von A. Milde, k. k. Hofschlosser, Wien

Archivbild: Brüstungsgitter für einen Seitenaltar (3)
der Weissgärberkirche, nach Zeichnung des k. k. Oberbaurat Schmidt,
ausgeführt von k. k. Hof-Kunstschlosser Albert Milde in Wien.

 

Zu denjenigen Stadtteilen Wiens, welche im Laufe der letzten zwanzig Jahre die weitgehendsten Veränderungen erfahren haben, gehört mit in erster Linie die nunmehr dem III. Bezirk einverleibte ehemalige Vorstadt Weissgärber.

Bis zu Anfang der Sechziger-Jahre bestand dieselbe größtenteils aus einer Anzahl zerstreut liegender kleiner, meist ebenerdiger Häuschen mit Gemüsegärten und in dem Teile gegen den Donaukanal aus Holzlagerplätzen.

Mit der Zunahme der Hausbauten auf diesem ausgedehnten Terrain und der damit verbundenen ziemlich schnellen Vermehrung der Bevölkerung, machte sich das Bedürfnis nach einer ausreichend großen Kirche an Stelle des einzigen kleinen Margarethenkirchleins (welches bis zum Jahre 1875 an der Ecke der damaligen Löwen- und Radetzkystraße stand) immer dringender fühlbar.

Se. Eminenz der Fürst-Erzbischof von Wien, Joseph Othmar Kardinal Rauscher, stets bereit hohe kirchliche und künstlerische Ziele zu fördern, ergriff die Initiative für die Erbauung einer solchen, indem er in munifizenter [freizügiger] Weise einen Beitrag von 60.000 fl. [ca. 660.000 Euro; März 2011] zusicherte.

Die Großkommune Wien, als Kirchenpatron, entschloss sich denn auch sofort ihrerseits, die weiter nötigen Fonds zu bewilligen und beauftragte 1863 den k. k. Oberbaurat Fr. Schmidt mit der Verfassung eines Projektes. Dasselbe fand durch seine weiträumige Anlage und interessante Gruppierung allgemeinen Anklang, erhielt die Genehmigung und diente in der Folge auch der Ausführung unter Schmidt's Leitung als Grundlage.

Nachdem der damalige Bezirksvorstand Herr Matthäus Meyer sich seit Jahren durch Aufsuchung eines geeigneten Bauplatzes aufs lebhafteste um das Zustandekommen des geplanten Unternehmens bemüht hatte, gelang es ihm, einen solchen in einem ganz zentral gelegenen größeren Gartenkomplex, der auch ein kleines Schlösschen aus der theresianischen Zeit enthielt, zu finden und nach dem Absterben der früheren Besitzer für die Kommune zu erwerben.

Zur Arrondierung und Herstellung des die künftige Kirche umgebenden Platzes (Kolonitzplatz} wurden auch die anliegenden ehemaligen Miesbach'schen Gründe angekauft.

Das Projekt ist im gotischen Stil des 13. Jahrhunderts als Ziegelrohbau mit Anwendung von Haustein verfasst.

Der Plan zeigt ein dreischiffiges Langhaus mit Kreuzbau. Das Presbyterium schließt mit fünf Seiten des Achteckes und ist umgeben von der Sakristei-Anlage in Gestalt eines Kapellenkranzes. Von außen führt unterhalb der Mittelkapelle eine Treppe nach abwärts in die ringsum situierten Leichenkammern.

Die Kreuzarme, gleichfalls polygonal abgeschlossen, haben beiderseits fünfeckige Anbauten, welche die Seiteneingänge mit 'Windfängen enthalten.

Rechts und links vom Turme an der nach Osten gekehrten Hauptfront vermitteln zwei halbachteckige Bauten (Tauf- und heilige Grabkapelle) den Anschluss an die Seitenschiffe.

Der Turm ist von unten auf im Sechseck entwickelt und hat drei offene Portalbogen, in deren Giebeln sich die Statuen des Schutzpatrons St. Othmar, der Apostel St. Peter und. St. Paul befindet.

Die Vorhalle hat ein Sterngewölbe mit Ringschlussstein zum Aufziehen der Glocken, die übrigen sechs Schlusssteine tragen verschiedene Wappen.

Die trapezförmigen inneren Turmpfeiler enthalten zwei Wendeltreppen, welchen sich in der Höhe des Glockenhauses eine in der Hauptachse an Stelle der rückwärtigen Fensternische bis zum Helm emporführende anschließt.

Die Uhr befindet sich in der Höhe des Heimaufsatzes und hat in dreien der sechs hier angebrachten Giebel Zifferblätter.

Der Helm ist in Ziegeln, unten 45 Zentimeter, oben 30 Zentimeter dick, innen im Zwölfeck konstruiert. In Abständen von zirka 1 Meter ist er mit 30 Zentimeter hohen Steinschichten durchzogen, welche an den Graten Krabben tragen.

Am Fuß des Helmes befindet sich eine Maßwerks-Galerie, zu welcher im Inneren eine freitragende spiralförmige Stiege führt.

Die oberste Kreuzblume ist gleichfalls aus einzelnen Quadern gebildet, durch welche eine starke eiserne Helmstange mit unten angebrachtem Schwergewichte freihängend hindurchgeht und an welcher über dem Knauf das alte Wahrzeichen von Stern und Halbmond emporragt.

Das Sanktustürmchen über der Vierung ist ganz unabhängig vom übrigen Dachstuhl auf zwei diagonal liegenden, tief bis zu den Gewölbswiderlagen verankerten Häng- und Sprengwerken konstruiert, oben im übereckgestellten Achteck ausgebildet und mit steilem Holzhelm versehen, der in Kreuz und Wetterhahn endigt.

Das Sanktusglöckchen ist von Herrn Matth. Meyer gespendet.

Am Walm des Presbyteriumsdaches ragt gleichfalls ein schmiedeeisernes Kreuz empor, während an denen der beiden Transeptarme sich eiserne Blumen befinden.

Das Mittelschiff ist hochgeführt und jedes Travée [Joch] mit zwei spitzbogigen Doppelfenstern erleuchtet, während die Seitenschiffe, Transept und Presbyterium schlanke Maßwerksfenster mit Mittelpfosten und Couronnements [Bogenfeld eines gotischen Fensters] haben. Der Druck der Hochschiffgewölbe wird durch Ziegelstrebebogen mit Steindeckgesims frei über Dach auf die äußeren Strebepfeiler übertragen.

Die Stirnseiten der Seitenschiffe sind durch Halbgiebel abgeschlossen und in eine Arkadenstellung aufgelöst, durch welche von den Turmwendeltreppen aus Zugänge zu den Dachgalerien führen.

Die Vierungspfeiler im Inneren tragen an dem einwärts gekehrten Dienste in halber Höhe zwischen Sockel und Kapitäl die Statuen der vier Evangelisten auf Konsolen unter schlanken Baldachinen.

Der Hochaltar, in Stein ausgeführt, ist im Polygon des Presbyteriums freigestellt und mit beiderseits nach rückwärts über das Tabernakel emporführenden Stiegen versehen.

In den verlängerten Seitenschiffen stehen gleichfalls zwei Steinaltäre und zwei weitere in den beiden Transepten, deren baldachingeschmückte Retables [Tafel hinter dem Altar] teils Figuren, teils Reliefs aus Breitenbrunnerstein zeigen.

Die Kanzel aus Eichenholz steht frei unter dem letzten Bogen links des Langschiffes und hat eine doppelte gerade Stiege. Die Brüstung des sechseckigen Predigtstuhles enthält in Relief die vier großen Kirchenschriftsteller.

Der Schalldeckel ladet auf zwei Konsolen im Zwölfeck frei aus. Die Endigung nach oben ist durch einen quadratischen Baldachin mit der Statue des Erlösers gebildet.

Die in kräftigen Farbtönen gehaltene vollständige Bemalung des gesamten Inneren zeigt unten an den 'Wänden Teppichmuster, oben Quadrierung, an den Pfeilern starke ornamentierte Faschen, die Kapitäle sind in Grün abschattiert und mit Goldlinien gehoben. Die Hochschiffgewölbe haben einen tiefblauen Grund mit Sternen und reichen Bordüren, die Seitenschiffsgewölbe sind in gelbem Tone gehalten.

In den fünf Seiten des Presbyterium-Abschlusses sind in einem Fries unterhalb der Fenster Darstellungen aus dem Leben Christi al fresco gemalt, auch die Wände über den Seitenaltären zeigen ebenso gemalte schwebende Engelsgestalten mit Rankenwerk.

Im Herbst des Jahres 1864 konnte mit dem Baue begonnen werden. Im April 1865 wurde nach vollendeter Sockelversetzung der Grundstein in feierlicher Weise gelegt und fand die Schlusssteinlegung im Juli 1873 statt.

Der Grund für die Fundierung zeigte bereits in geringer Tiefe wasserhaltigen Schotter von so großer Mächtigkeit, dass man zu dem Entschlusse kam, das Fundament auf Beton herzustellen, der für die sämtlichen Mauern bei 5 Meter Tiefe 1 Meter stark gelegt wurde. Der Turm wurde in seiner ganzen Ausdehnung massiv betoniert und fundiert. Zwischen den Pfeilerfundamenten wurden starke Erdgurten und .Spannmauern eingefügt. Der vordere linke Vierungspfeiler machte es, besonders ungünstiger Verhältnisse wegen, notwendig, den Betonkörper in. einer Tiefe von 12 Meter auf einen Pilotenrost und in einer Stärke von 2 Meter zu legen. Dieses Fundament bildet ein Quadrat von 4 Meter Seite und wurde behufs günstigeren Anschlusses an die Spannmauern diagonal gestellt.

Die Sockel sind in mehreren Schichten aus festem Brunnerstein ausgeführt. Für die freien Turmpfeiler und die mit zwei Diensten versehenen Rundpfeiler des Mittelschiffes wurde derselbe Stein verwendet. Für die Kapitäle, Gewölbsrippen, Fenstermaßwerke, Dachgalerien und Fialen wurde Margaretherstein gewählt und die Hauptgesimse mit Rinne aus Badenerstein hergestellt.

Die Fassademauern sind mit lichten gelblichen, doppelt geschlämmten Ziegeln verkleidet. Das Pflaster ist in drei Farben, rot, gelb und schwarz, aus Zementplatten hergestellt.

Als Bauführer folgten einander die Architekten und Schüler des Herrn Oberbaurates Fr. Schmidt: Viktor Luntz von Beginn des Baues bis Ende 1867, wo die Dachstühle und das Sanktustürmchen aufgestellt und eingedeckt waren, Ferencz Schulez bis Ende 1868, interimistisch Ludwig Wächtler und dann bis zum Schlusse Karl Schaden.

Zur Bau-Inspektion waren von Seite der Gemeinde Stadtbauamts-Ingenieur Karl List, später Ingenieur-Adjunkt Jolly bestellt.

Die Bau-Ausführung war dem. Stadtbaumeister k. k. Baurat Jos. Hlawka übertragen. Die Steinmetzarbeiten wurden in eigener Hütte am Bauplatze durch Steinmetzmeister Ed. Hauser ausgeführt, die Dachstühle von Zimmermeister Jakob Fellner angefertigt, Schieferdecker C. Schwab besorgte die Eindeckung.

Schlosserarbeiten sind von A. Kirchmayer und Biro. Tischlerarbeiten von Machek und Karger. Spenglerarbeiten von Wenzel. Kupferschmiedarbeiten von A. Fauser. Gasbeleuchtungs-Gegenstände (Kandelaber) von Scheller, Wolf & Komp. Die ornamentalen Bildhauerarbeiten von Jos. Pokorny, figurale Skulpturen von Jos. Melnitzky. Die Malerei von den Gebrüdern Franz und C. Jobst. Die Glasmalerei der Fenster von A. Neuhauser in Innsbruck, endlich die Pflasterung von J. Neumüller.

Die Baukosten betrugen inklusive Fundierung, innerer Ausstattung und Einrichtung rot. 600.000 fl. [ca. 6'600.000 Euro; März 2011]

Viktor Luntz. (4)