Das Warenhaus Schein in Wien.
Von den Architekten k. k. Bauräten Fellner und Helmer.
Eines der größten Warenhäuser Wiens ist das große Teppichhaus von S. Schein. Neun Stockwerke baut sich das Haus empor, und sechs derselben sieht man von der Straße aus und erkennt sofort, dass sie als Warenlager und Verkaufsräume dienen. Von der Straße aus stellt sich die dem Bauernmarkt zugekehrte Hauptfront, sowie die Rückfront in der Kramergasse als große Warenauslage dar. Hinter riesigen Spiegelscheiben, die in geschmackvollen Metallrahmen stecken, sieht man Teppiche und Stoffe aufgetürmt, aus allen Etagen flutet helles Bogenlicht herab. Tritt man durch das hohe Bronzeportal, so überrascht die Art, in der die Aufgabe gelöst ist, einen leichten und bequemen Überblick über ein riesiges Warenlager zu ermöglichen. Vom Parterre aus sieht man unbehindert bis zum gläsernen Dach, das sich über fünf Etagen spannt, die galerieartig angeordnet sind. Das Parterre, ein erstes Souterrain und vier Stockwerke dienen dem Verkehr mit dem Publikum. Das zweite Souterrain ist für die Aufnahme der Wareneinläufe bestimmt und in den obersten Stockwerken wickeln sich der interne Geschäftsbetrieb, die Postexpedition etc. ab. Für diesen internen Verkehr sind eigene Lifts und Diensttreppen vorbanden.
Gegenüber dem Hauptportal ist eine dreiarmige, in Brenze und Marmor ausgeführte, reich ausgestattete Treppe angebracht, die den Zugang zu allen Galerien vermittelt. In allen Etagen sieht man ein malerisches, wechselvolles Arrangement von Teppichen und Stoffen. Decken und Vorhängen, Erzeugnissen der heimischen und ausländischen Industrie. Durch eine sehr sinnreiche Anordnung - die Zurückschiebung der Frontstützen - ist es möglich, die riesigsten Teppiche in ihrer ganzen Ausdehnung vor dem Käufer aufzurollen, und wenn es eine Dame ermüden sollte, in eine höhere Etage zu gehen, so steht ein elektrischer Aufzug zur Verfügung. Luft und Licht herrschen in allen Räumen sowohl am Tage wie am Abend, so dass man die zartesten Farben, die feinsten- Dessins zu jeder Tageszeit prüfen kann.
In großartigem Umfange ist .die Eisenkonstruktion in Anwendung gebracht; man befindet sich in der Tat in einem eisernen Hause. Auch die übrigen technischen· Anlagen, wie Dampfheizung und Ventilations-Vorrichtungen stehen auf der Höhe der modernen Technik. Selbst das Dach ist eigenartig konstruiert und gestattet die bequeme Reinigung der Teppiche. Die gesamte Eisenkonstruktion rührt von der Firma Albert Milde & Co. her, die fürstlich Salm'sche Eisengießerei hat das schöne Portal gegossen, dessen figuraler Schmuck vom Bildhauer Härtl modelliert wurde. Die Hauptstiegen haben die Kunstschlosser Gillar und der Kunstspengler Jaremkiewicz ausgeführt, die Maler- und Vergolderarbeiten besorgte der Hofmaler Kott, die Holzarbeiten lieferte die Erste österreichische Türen-, Fenster- und Fußbodenfabrik. Die Anstreicherarbeiten sind von der Firma Max Wackler, die großartige elektrische Beleuchtungsanlage mit 90 Bogenlampen und Hunderten von Glühlampen von der Firma B. Egger & Co. während den Strom die Allgemeine Österreichische Elektrizitäts-Gesellschaft liefert. (2)