Briefkopf - ALBERT MILDE k. k. Hof-Kunst-Bauschlosser und Eisenkonstrukteur zu Wien; von 7.2.1839 bis 8.11.1904

Wiener Centralbad, 1010 Wien, Weihburggasse 18 u. 20

Diverse Schlosserarbeiten, 1889
Erbaut von Honus & Lang, Stadtbauamt

k. k. Albert Milde

Archivbild: Wiener Zentralbad, Fassaden; 1010 Wien, Weihburggasse 18-20

Archivbild: Wiener Centralbad, Fassaden (1)
1010 Wien, Weihburggasse 18-20

 

Archivbilder: Wiener Centralbad, Stockwerke (2)
1010 Wien, Weihburggasse 18-20

Mit den Fortschritten der Gesundheitspflege wächst das Bedürfnis nach öffentlichen Bade-Anstalten.

Durch Fürsorge der betreffenden Behörden und des Wiener Stadtbauamtes wurden für die arbeitenden Klassen Volksbäder errichtet, den Bedürfnissen der besser situierten Ständen Rechnung zu tragen, ist den Privaten überlassen.

So entsprang das just der Benützung übergebene, im I. Bezirke, Weihburggasse 20 gelegene Etablissement den gesunden Geschäftssinn seiner Erbauer, den Stadtbaumeister Honus & Lang. Bei Anlage dieser Bade-Anstalt ist darauf Rücksicht genommen, dass dieselbe von den Räumlichkeiten des Wohnhauses vollkommen getrennt ist. Während durchs Haupttor im Mittelrisalit der Parteien-Eingang sich befindet, ist die letzte Öffnung links der reich architektonisch dekorierte Bade-Eingang.

Im Raum vor der Kassa ist ein Personenaufzug angebracht, mittelst welchem man in die, in der Parterre-Unterteilung gegen die Gasse gelegene Salon-Bäder gelangt – vis-à-vis eine Türe zum Aufgang in die Salon Bäder für Badegäste, welche den Aufzug nicht benützen wollen.

Den Bade-Eingang fortschreitend, gelangt man in den, durch zwei Etagen gehenden, im Rokokostile, reich architektonisch, mit Stuckplafonds und Wandverzierungen dekorierten Entree-Wartesaal. Der Plafond dieses Saales ist mit einem künstlerischen Gemälde, den Frühlings Einzug, und vier Medaillons die 4 Elemente darstellend, verziert.

Aus diesem Wartesaal führen 3 Türen, und zwar: die Mitteltüre zu den Medizinal-Wannenbädern, respektive vorerst in einen Vorraum und von da in den Wartesaal der Gäste der Medizinal-Wannenbäder für Damen und Herren.

Die Türen links und rechts führen zu den in der Parterre-Unterteilung situierte Auskleide-Kabinen für die Gäste des Schwitzbades.

Für die Medizinal-Wannenbäder für Herren sind 9 Kabinen mit je einer vertieften Wanne mit Majolika-Verkleidung und Carrara-in-marmor-Einfassung, für Damen 5 Kabinen mit je 2 vertieften Wannen, wie vorher beschrieben, eingerichtet.

Die Kabinenwände sind mit Majolika-Platten, und zwar jede Kabine mit anderen Dessins bis zur Türhöhe verkleidet und mit einem Fries und Steingesimse abgedeckt.

Die sämtlichen Korridore, sowie Wartesaal-Wände haben eichen-oder nussartige gestrichene Holzlamperien.

Aus dem Korridore vor den Wannenbad-Kabinen für Herren gelangt man mittelst einer Treppe in die Parterre-Unterteilung, wo die Kaltwasser-Kur für Herren eingerichtet ist.

Dieselbe besteht aus einem Vorraume, einem Raume mit 8 Auskleide-Kabinen, einen großen Saale, in welchem 4 Einpackbetten, 4 Wannen, diverse Einrichtungen für verschiedene Sitzbäder etc. sich befinden, endlich aus einem Raume, in welchem die der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Dusche-Vorrichtungen mit Temperatur-Messapparaten angebracht sind, außerdem noch ein Dampfkasten und ein kaltes, ca. 5 m² großes, zum Teil erhabenes Basis situiert ist.

Die sämtlichen Wände des Saales, sowie Dusch-Raumes sind auf die Höhe von 2,20 m mit Majolikaplatten verkleidet, den ganzen Fußboden ist mit durchbrochenen lärchbaumenen Latten belegt. Weiteres gelangt man aus dem Korridore vor den Wannenbad-Kabinen, rechts in das Warte- und Ordinationszimmer des Direktions-Arztes der Anstalt, sowie in 3 medizinische Inhalationskammern, welche letztere ebenfalls mit dessinierten Majolikaplatten verkleidet sind.

Wie bereits erwähnt, gelangt man aus den Warte-Entree Saale durch die linksseitige befindliche Türe auf einer freitragenden Treppe in die Parterre-Unterteilung zu den Auskleide-Kabinen für die Gäste des Schwitzbades.

In diesen Räumen sind 67 Auskleide-Kabinen hergestellt, welche mit Kleiderkästen mit Rollbalken-Verschluss versehen sind.

Alle Kabinen sind architektonisch im maurischen Stile durchgeführt und die Plafonds derselben geschmackvollste gemalt.

Aus der Parterre Unterteilung den Auskleide-Kabinen, gelangt man entweder mittels eines hydraulischen Personen-Aufzug oder einer Karstmarmorstiege zu den im Souterrain gelegenen Räumen des Dampf- Dusche und Vollbades.

Diese Abteilung enthält folgende Räume: 1 kleines Waschzimmer mit 2 vertieften und 1 großes Gesellschafts-Wannensaal mit 11 vertieften mit Majolikaplatten verkleideten Wannen; darin anschließend ein großes laues Bassin.

Von diesem großen Wannensaal führt eine Türe in die warme Luftkammer und von da rechts in die Schwitzkammer; aus den Schwitzkammern führen Türen in die Frottierkammer. Duschkammer und aus dieser letzteren in den großen Saal, in welchem das kalte Bassin untergebracht ist.

Aus diesem großen Saale gelangt man durch einen Korridor zum Abtrocknen-Raum aus diesem rechts in die Knet- und Massagezimmer und links in den großen Ruhesaal für Badegäste. Vom Ruhesaal kann sich der Badegast in den Frisiersalon und dann mittels des hydraulischen Personen-Aufzuges zu den Auskleide-Kabinen in der Parterre-Unterteilung begeben.

Die Wände des Wannensaales, des lauen Bassins, der Luft-, Schwitz-, Frettier- und Duschkammer sind auf die Höhe von 2,20 m mit Majolikaplatten in verschiedensten Dessins verkleidet, mit Steingesimsen abgedeckt, über diese Höhe, ebenso wie die Plafonds und Türgewände, mit Kunststein verkleidet.

Die Saaldecke des kalten Bassins ruht auf 8 Karstmarmorsäulen und sind die Wände auf einer Höhe von 2,80 m mit Carrara- und Karstmarmor verkleidet und die Schilder in den Gewölben, entsprechend der Architektur mit wasserdichten Farben gemalt.

Die Fußböden dieser Räume sind mit dessinierten Möttlacherplatten, auf wasserdichten Beton-Unterlagen gepflastert.

Der Ruhesaal ist auf das Eleganteste im pompejischem Stile gemalt, die Wände mit Gemälden in Gobelin Imitation, einen Bacchanten Zug darstellend, ausgeschmückt und sind längs der ganzen Wände Holz-Lamperien angebracht.

In ähnlicher Weise sind auch der Frisiersalon und Knet-Raum ausgestattet.

Die letzte Abteilung sind die Salonbäder, welche in der Parterre-Unterteilung des Gassentraktes untergebracht sind.

Zu diesen gelangt man mittels des im Entree, neben der Kassa befindlichen Personen-Aufzuges. Man kommt vorerst in einen Wartesaal und von diesem zu den 4 Salon-Dampfbädern und 4 Salon-Wannenbädern.

Erstere bestehen aus je einem Ruhezimmer, einer Wannen-Kabine mit zwei vertieften Wannen und einer Dampfkammer.

Das Ruhezimmer ist tapeziert, die beiden letzteren Räume sind mit dessinierten Majolikaplatten verkleidet.

Sämtliche zur Bade-Anstalt gehörigen Räumlichkeiten haben ausgezeichnete Ventilation; sind mit Dampfheizung versehen, die einzelnen Einrichtungen und Möblierung dem modernen Geschmacke versehen entsprechend und solideste ausgeführt, die Fußböden, Stiegen etc. mit Lauf- und Vorlegeteppichen, in den Räumlichkeiten der Schwitzbäder mit Linoleum belegt.

Das ganze Etablissement ist elektrisch beleuchtet, außerdem ist die Gasleitung installiert.

Das Kessel- und Maschinenhaus sind hoch und geräumig. In Ersterem sind 3 Dampfröhrenkessel mit je 80 m² Heizfläche und Tembrinkteuerung, dann eine Reserve-Dampfpumpe für Kesselspeisung, im letzteren zwei 40-pferdekräftige Dampfmaschinen mit Riederscher Steuerung diverse Transmissionen, Zentral-Aus- und Einschaltungsbrett für die elektrische Beleuchtung etc. untergebracht.

Anschließend an das Maschinenhaus, ca. 0,70 m tiefer, ist die Brunnenstube mit den 4,50 m im Durchmesser großen, ausgemauerten Brunnen, welcher das erforderliche Wasserquantum für die ganze Bade-Anstalt liefert.

Dieser Brunnen hat einen stündlichen Wasserzufluss von fast 650 hl oder 65 m³, während für die Bade-Anstalt bei vollständiger Besetzung ein Wasserquantum von stündlich 35 – 40 m² erforderlich ist.

In der Brunnenstube sind untergebracht: 2 Kaltwasserpumpen, welche das Wasser in die Reservoirs am Dachboden, ca. 35 m hoch, befördern, eine Pumpe zur Förderung des Wassers für die Kondensation der Dampfmaschinen, weiteres 2 Pumpen, welche das vorgewärmte Wasser aus dem Dampfkessel in die Warmwasser-Reservoire am Dachboden, ebenfalls 35 m hoch, drücken und endlich eine Pumpe, welche das Schmutz- und Abfallwasser sämtlicher im Souterrain situierten Bade-Räumlichkeiten aus dem Sammel-Reservoir in den Straßenkanal befördert.

Die Maschine für die elektrische Beleuchtung ist auf einer vollkommen isolierten Unterlage aufgestellt.

Angrenzend an das Maschinenhaus ist die Moorküche, in welcher zwei Rührwerke zur Bereitung des Moorschlammes, sowie auch eine Pumpe zur Beförderung des Moorschlammes in die Medizinal aufgestellt sind.

Zur Reinigung der Badewäsche ist unter dem zweiten Hofe eine komplette Dampfwäscherei mit Rollkammer, Waschmaschine, Zentrifuge und Trockenkammer etc. eingerichtet.

Endlich ist noch im Souterrain eine Feuerungsanlage zur Erzeugung des Sauerstoffes, sowie auch ein 2.500 l fassender Gasometer für den erzeugten Sauerstoff untergebracht.

Vom Gasometer wird der Sauerstoff in die oben diesem Raume, im Hochparterre, befindlichen Installationen geleitet.

Außer allen hier bezeichneten Räumen sind noch Reserveräume zur eventuellen Vergrößerung der Bade Anstalt desponiert.

Sämtliche Wasserbassins, sowie alle Wannen und Abteilungswände der Salonbäder in den Parterres-Unterteilungen sind nach dem bewährten System Moniere hergestellt und mit Kacheln verkleidet. Der Kostenpreis der Badeanstalt samt Wohnhaus stellt sich auf circa 1‘600.000 fl. [ca. 19'000.000 Euro; März 2011].

Es erübrigt uns, der Mitarbeiter an dem neuen, der Stadt zur Zierde gereichenden Etablissement zu gedenken.

Es fungiert als Leiter der architektonischen Arbeiten: Constantin Swoboda, als Leiter der maschinellen Anlage: Stadtbaumeister Anton Honus, als Bauleiter: Edmund Czada.

An den Lieferungen und Herstellungen waren folgende Wiener Firmen beteiligt:
Actien-Gesellschaft für Gas- und Wasser-Leitungen,
Ed. Butschek akademischer Maler,
Lorenz Bogatey Tischler,
J. F. Burchhardt Tapentenfabrik,
Johann Backhausen & Söhne Teppichfabrik,
Josef Bösenkopf Brunnenmacher,
Louis Bodin Kunst-Grotten,
Ferdinand Blaas Marmor-Industrie-Geschäft,
Deckert & Homolka Telegrafenanstalt,
Carl Geylings‘ Erben Glasätzerei und Glasmalerei,
Gustav Györi Lieferant der Majolika-Platten,
Eduard Hauser k. k. Hof-Steinmetzmeister,
Ad. Karoly Dekorateur,
Josef Leitner Anstreicher,
Albert Milde k. k. Hof-Schlosser,
J. Matschek & Schrödl Stein-Imitation,
Franz Manoschek Fabrik für Gas-Apparate,
Edmund Rudrich Bildhauer,
Siemens & Halske elektrische Beleuchtung,
Fürstl. Salm Eisenwerk Blansko Kessel und Maschinen,
Michael Schneider Rollkästchenfabrikant,
C. F. Schneider Asphaltierung,
Ludwig Schulmeister Mechaniker,
Rudolf Schedifka Bautischler,
Josef Rankl’s Witwe & Sohn Spiegelfabrik,
Teplitzer Schamottewaren-Fabrik dessiniertes Plattenpflaster,
F. Wertheim & Comp. Aufzüge,
Josef Weiss wasserdichter Farbanstrich,
J. Winter & Richter Maler,
F. Wojtech Bauschlosser,
F. J. Wagner Gas- und Wasserleitungs-Installateur,
G. A. Wayss Unternehmung von Beton und Zementarbeiten. (3)