Wiener Mittags-Zeitung, 9.11.1904; Seite 2 (siehe Mitte unten Spalte)
(Albert Milde +) In den ärmlichsten Verhältnissen ist gestern der ehemalige Hofschlosser und Besitzer einer der größten Eisenkonstruktionswerkstätten, Albert M i I d e , gestorben. Teils die Ungunst der Verhältnisse, teils eigene Schuld - Milde hatte nie zu rechnen verstanden und seine Güte war nur allzu oft von Gewissenlosen missbraucht worden - haben den Mann, dessen Name mit der Geschichte des Wiener Kunstgewerbes enge verknüpft ist, von der Höhe, auf der er in den Siebziger- und Achtzigerjahren stand, jäh abgestürzt. Durch eigene Kraft und unermüdlichem Fleiß hatte sich Milde, der in sehr jungen Jahren aus seinem Heimatorte Wjestin in Mähren nach Wien kam, zum Führer der Kunstschlosser aufgeschwungen. Durch seine Beteiligung an der Pariser Weltausstellung im Jahre 1878 trug er den Ruhm der Wiener Kunstschlosser auch ins Ausland. Der Franz Josefs-Orden war der Lohn für seine Verdienste. Ende der Achtzigerjahre geriet Milde in Zahlungsschwierigkeiten und musste zu Beginn des Jahres 1890 um ein Moratorium ansuchen. Es kam zum Konkurs und Milde trat in die neuerstandene Firma Albert Milde und Co. als Mitarbeiter ein. Vor ungefähr fünf Jahren schied Milde auch aus dieser Stellung. In der letzten Zeit wurde Milde von Krankheiten heimgesucht; der einst so lebenslustige Mann wurde vergrämt und verbittert, der Tod bedeutete für ihn, der nach einem an Arbeit und Erfolg reichen Leben Entäuschungen und Unglück kennen lernen musste, die Erlösung.