Die an Stelle des fürstlich Schwarzenberg'schen Küchengartens in der Heugasse Nr. 18, 18 a, 20 erbaute Häusergruppe gehört zu den größten Zinspalästen der Stadt Wien. Der zur Verfügung gestandene Baugrund hat ein Gesamtausmaß von nahezu 7400 m². Hiervon wurden 4550 m² verbaut, während 1450 m² auf drei große je 18 m breite und 27 m lange Höfe, 1100 m² auf einen rückwärts der Häuser verbliebenen Häuserstreifen entfielen, und der Rest zur Straßenverbreiterung an die Gemeinde abgetreten wurde.
Die aus drei Häusern bestehende Baugruppe erscheint in ihrem Äußeren als reichgegliedertes einheitliches Gebäude und enthält ein Souterrain, ein Hochparterre, ein Mezzanin, ein erstes, zweites und drittes Stockwerk.
Die Hauptfassade ist in den Formen der Spätrenaissance gehalten, welcher Stil durch die ihm eigentümliche Zusammenfassung einzelner Stockwerke und ganzer Bauteile besonders dazu geeignet schien, den Bau charakteristisch zu gestalten. Die beiden seitlichen Häuser sind durch mit Mansarden überbaute Risalite flankiert, während das Mittelhaus in der Achse der Gesamtanlage einen reichen, mit Wappen und Figuren geschmückten Aufbau trägt, der von einer Alles dominierenden Kuppel gekrönt ist. Die drei Einfahrtstore liegen in den Achsen der einzelnen Häuser, und sind durch stilgemäße Atlanten ausgezeichnet.
Die bei einem Zinshause unvermeidliche nahe Fensterstellung ist dadurch gemildert, dass einzelne Fenster als untergeordnete Mauerausschnitte zwischen mächtigen Pilastern, andere wieder reicher durchgebildet als effektvolle Mittelstücke der Risalite erscheinen, so dass mitunter längere Intervalle entstehen und nirgends eine übermäßig lange Reihe das Gefühl der Einförmigkeit aufkommen lässt. Die Risalite sind nicht nur durch die Mansarden, die Kuppel und die Lukarnen [Zwerchhaus] über das Hauptgesims hinaus entwickelt, sondern auch durch mächtige Balkone und durch die bereits erwähnte reichere Fensterausbildung kräftig hervorgehoben. Am reichsten erscheint selbstverständlich der breite Mittelrisalit, in welchem die hohe Portalanlage mit dem in der Höhe des ersten Stockwerkes befindlichen Balkon ein großes wirkungsvolles Motiv bildet.
Der reichen Vertikalgliederung entspricht auch die horizontale Durchbildung, indem durch das Zusammenfassen von Stockwerken große Verhältnisse geschaffen wurden. Das Souterraingeschoss erscheint als mächtiger Sockel des Gebäudes; darüber sind Hochparterre und Mezzanin durch eine gleichmäßige Rustika, und das zweite und dritte Stockwerk durch große in Gruppen stehende Pilaster zusammengefasst, während das erste Stockwerk in origineller Weise den Übergang des unteren Teiles zum oberen Aufbaue der Fassade vermittelt, und unterhalb wie oberhalb dieses Stockwerkes reiche Balkonanlagen ein kräftiges Horizontalband säumen. In dieser Anordnung liegt die hauptsächlichste Abweichung von der an den modernen Wiener Fassaden gebräuchlichen Horizontalgliederung.
Meist erscheint nämlich das erste und zweite Stockwerk zusammengefasst und das darüber befindliche dritte entweder durch eine untergeordnete Pilasterstellung oder in enger Verbindung mit dem Hauptgesimse eingeschoben und gedrückt. Zwei Gründe sprachen im vorliegenden Falle gegen diese sonst auch von dem Erbauer dieses Gebäudes beliebte Anordnung (siehe Haus Wasserburger, Johannesgasse). Erstens die enorme Länge der Fassade (91 m), welche die Erhöhung des rustizierten Unterteiles wünschenswert erscheinen ließ, und zweitens die relativ freie Lage, welche eine reiche Silhouettierung [im Schattenriss zeichnen] forderte; denn nicht nur ist zu hoffen, dass die Heugasse dereinst beträchtlicher erweitert und der Ausblick aus dem gegenüberliegenden Garten erleichtert werden wird, sondern man sieht heute schon den oberen Teil der Fassade von vielen näher oder ferner gelegenen Standpunkten, so vom Schwarzenbergplatz, vom Belvedere und Schwarzenberggarten u. s. w. Durch das unmittelbar auf den großen Pilastern ruhende monumentale Hauptgesims wurde nicht nur der palastartige Charakter betont, sondern es wurden hierdurch auch die einfach klaren Motive für die trotzdem reiche Silhouettierung gewonnen.
Ein für die Wirkung der Fassade besonders günstiger Umstand ist die freie Lage des südlichen Pavillons, welcher auch seitlich ausgebildet werden konnte, so dass von dieser Seite aus ein gutes perspektivisches Bild gewonnen werden kann. Leider konnte der an der Stadtseite befindliche Pavillon nicht ebenso ausgebildet werden, da hier eine baldige Verbauung der Feuermauer voraussichtlich ist. In Bezug auf das Material der Fassade wäre zu erwähnen, dass Stein daselbst eine sehr reichliche Anwendung gefunden hat.
Wie die ganze Komposition der Fassade auf die Hauptachsen der einzelnen Gebäude bezogen ist, so ist es auch die Anlage der Vestibüle und Höfe und selbst der Treppen, soweit es tunlich war. Die Höfe haben ein Verhältnis der Breite zur Länge von 2:3 (18 m zu 27 m) und sind einfach, aber im Stile der Fassade gehalten. In den Längenachsen derselben, gegenüber den Einfahrten und daher schon von außen sichtbar, liegen die säulengeschmückten Portale der rückwärtigen Treppen, während die vorderen Treppen unmittelbar an den Vestibülen gelegen sind. Bei dem nördlichen und dem mittleren Hause liegt hier je eine Treppe, während im südlichen zu beiden Seiten des Vestibüls Treppen situiert sind, wovon die linksseitige für die Parteien, und die rechtsseitige für eine im Mezzanin und einem Teile des Parterres gelegene Herrschaftswohnung bestimmt ist. Das südliche und mittlere Haus ist in den Höfen durch eine Durchfahrt verbunden, so dass bei Festlichkeiten ein bequemes Aus- und Einfahren der Wagen stattfinden kann.
Außer der bereits erwähnten Herrschaftswohnung befindet sich im Parterre des südlichen Hauses auch längs der Gartenfassade eine große Wohnung. Im Übrigen ist die innere Einteilung eine solche, dass in jedem Stockwerke an den vorderen Treppen je zwei Gassenwohnungen, gelegen sind. Nur im dritten Stockwerke befinden sich im mittleren und im nördlichen Hause an den vorderen Treppen je drei Wohnungen. Im Souterrain sind längs der Hauptfassade Wohnungen, Werkstätten und Gewölbe, an den Höfen zunächst den Vestibüls leicht zugängliche Portierswohnungen und an der Gartenfassade die nötigen Waschküchen untergebracht. Außerdem befinden sich im Souterrain des südlichen Hauses noch Nebenlokalitäten der rückwärtigen Parterre- und Herrschaftswohnung, ein Pferdestall, ein Kutscherzimmer und eine Sattelkammer, während sich die Wagenremise im Parterre und der Heuboden in einer Unterteilung zwischen Parterre und Mezzanin befinden. Der westliche Teil der Souterrains ist für Keller und Holzlagen verwendet.
Die Gesamtzahl der Wohnungen beträgt 98 und könnte, wenn die rückwärtige große Parterrewohnung und die im Mezzanin und Parterre befindliche Herrschaftswohnung in je zwei Wohnungen geteilt würden, ein volles Hundert erreichen. Die rückwärtigen Wohnungen, welche eine prachtvolle Aussicht in Gärten genießen, sind so eingeteilt, dass sie, durch die Umwandlung der kleinen hinter der Stiege gelegenen Alkoven in einen Verbindungsgang, leicht vereinigt werden können, ein Vorteil, welcher bereits bei der Vermietung benützt wurde.
Sämtliche Wohnungen sind derart eingeteilt, dass alle Wohnzimmer eine freie Lage nach der Gasse, den großen Höfen oder dem Garten erhielten, und nur untergeordnete Räume, wie Küchen-, Diener-, Bade- und Vorzimmer, gegen die Lichthöfe münden. Alle größeren Wohnungen haben von den Vorräumen aus einfache Zugänge, und besitzen bequem eingerichtete Badezimmer. Sämtliche Wohnungen haben Gas-, Wasser- und Telegraphenleitung, während an allen Treppen Sprachrohre angebracht sind. Die Ausstattung der inneren Räume ist teilweise eine reiche. Sämtliche Vestibüle sind in weißem Stuck dekoriert. Die Herrschaftsstiege ist aus geschliffenem Grisignano-, alle übrigen Treppen sind aus schönem Manzano-Stein hergestellt. Die Beleuchtungskörper, die Stiegengeländer und die Fenster- und Türgitter des vorderen Traktes sind in reicher Schmiedeeisenarbeit ausgeführt. Alle an der Hauptfront und einige an der Gartenseite und an den großen Höfen gelegene Zimmer haben mehr oder weniger reich ausgestattete plastische Plafonds und weiße oder Majolika-Kamine oder Kachelöfen. Der an der Rückseite verbliebene Garten hat in dem größten Teile seiner Länge als Abgrenzung gegen den schönen Garten Seiner kaiserlichen Hoheit des Großherzoges von Toskana anstatt einer Mauer ein zierliches, schmiedeeisernes Gitter.
Sämtliche Bauarbeiten wurden auf das Solideste ausgeführt. Die Baumeisterarbeit von Herrn Donat Zifferer, die Steinmetzarbeit von der Firma Anton Wasserburger, sämtliche Figuren von Professor Victor Tilgner, die ornamentale Bildhauerarbeit von den Herren Johann Müller und J. Pokorny, die Zimmermannsarbeit von Herrn Johann Anderl, die Schieferdeckerarbeit von Herrn Karl Niernsee, die Spenglerarbeit von Herrn Karl Wenzel, die Tischlerarbeit von Herrn Ferdinand Lehr, die Schlosserarbeit von Herrn Albert Milde, die Anstreicherarbeit von Herrn Wenzel Kranich und Ferdinand Backhaus, die Glaserarbeit von Herrn Johann Wallisch, die Tonöfen und Kamine von Herrn Fessler, die Gas- und Wasserleitung von den Herren Wilhelm Brückner und Hess, Wolff & Comp., die Telegraphenleitung von Herrn B. Egger, die Stalleinrichtung von Herrn R. Ph. Waagner, die Fenster-Persienne von Herrn Johann Schubert h und die Malerarbeiten von den Herren Falkenstein, Hoffmann und Dilger. Trotz der durchaus soliden und relativ reichen Bauausführung beliefen sich die Gesamtkosten des Baues auf blos 833.265 fl., somit auf 183 fl. 13 kr. per verbauten Quadratmeter. Die Vergebung der Arbeiten fand im Dezember 1883 statt, und die Ausführung des Baues in der Zeit vom 27. Dezember 1883 bis 1. Mai 1885. (2)